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Im Gespräch mit Ecatarina Bogdan, Altenbetreuerin im Sozialzentrum

Ecatarina Bogdan bei der täglichen Arbeit

Moldovahilfe: Wie war dein Leben, bevor du im Sozialzentrum angefangen hast?
Ecaterina: Ich wurde in Chioselia, dem Nachbardorf von Coştangalia, wo das Sozialzentrum ist, geboren. Nach der Schule habe ich die medizinische Berufsschule in Cahul besucht. Leider konnte ich meine Ausbildung dort nicht abschließen, weil ich häusliche Gewalt durch meinen damaligen Ehemann erfahren musste. Ich habe mich dann scheiden lassen. Inzwischen bin ich glücklich verheiratet und habe drei Kinder, die auch hier in Coştangalia leben. Mein Mann arbeitet im Baugewerbe in Berlin.

 

Moldovahilfe: Hattest du die Chance, dich weiter im medizinischen Bereich auszubilden?
Ecaterina: Ja, ich habe Erste-Hilfe- und Autopsie-Kurse besucht. Außerdem absolviere ich aktuell das Studium der Pharmazie an der Universität in Chişinău. Eine Freundin schickt mir die Unterlagen und ich fahre zu den Prüfungen in die Stadt. Nach dem Studium würde ich gerne eine Apotheke für unser Dorf aufmachen, um noch etwas mehr für dieses Dorf beitragen zu können.

Moldovahilfe: Woher kommt deine Liebe für die Arbeit mit alten Menschen?
Ecaterina: Vor drei Jahren habe ich zwei Monate in Italien als Altenpflegerin gearbeitet. Dort war ich 24 Stunden am Tag für einen einzelnen Menschen verantwortlich. Ich habe 1.000 € im Monat verdient. Für die Summe müsste ich in der Republik Moldau neun Monate lang arbeiten. Die Arbeit war sehr anstrengend, aber sie hat mir auch Spaß gemacht. Meine beiden Schwestern leben und arbeiten in Italien als Altenpflegerinnen. Wenn es geht, möchte ich aber lieber hier in Coştangalia bleiben.

Moldovahilfe: Wie war es für dich, als du hier im Sozialzentrum angefangen hast zu arbeiten?
Ecaterina: Die Menschen haben mich sehr warm empfangen und bringen mir viel Dankbarkeit entgegen. Ich glaube, sie mögen meine ruhige, sortierte Art. Mir ist wichtig, meine eigenen Probleme nicht mit auf die Arbeit zu bringen, sondern hier voll und ganz für die Bedürftigen da zu sein.

Moldovahilfe: Welche Menschen haben Zugang zu deinem Angebot im Sozialzentrum?
Ecaterina: In jedem Monat gibt es eine Liste von 20 Menschen, die bei uns warmes Essen bekommen. 10 Menschen werden vom Rathaus vorgegeben und 10 Menschen suchen wir als Zentrum selbst aus. Da es so viele Bedürftige gibt, wechseln die Menschen von Monat zu Monat. Nur die aller ärmsten kommen jeden Monat. Zu den anderen Angeboten, wie Duschen, Wäsche waschen oder Spiele spielen, können alle Menschen kommen, die wollen. Übrigens betreue ich nicht nur Alte, auch wenn die meisten Menschen tatsächlich alt sind. Es gibt zum Beispiel einen 40-jährigen Mann, der durch einen Unfall mit kognitiven Einschränkungen leben muss und eine 55-jährige Frau, die seit der Kindheit eine Behinderung hat und nicht allein für sich sorgen kann.

Moldovahilfe: Du hast schon ein paar deiner Angebote genannt. Was bietest du sonst noch an?
Ecaterina: Wichtig ist, dass ich für die Menschen da bin, ihnen zuhöre und sie ernst nehme. Ich helfe auch beim Ausfüllen von Dokumenten oder dem Bezahlen von Rechnungen. Im Zentrum können sie mit oder ohne meine Unterstützung duschen und ihre Wäsche waschen. Wenn es nötig ist, besuche ich die Menschen auch zuhause, bringe ihnen das Essen und Trinkwasser, mache den Hof sauber, wechsle die Bettwäsche oder hole Feuerholz. Außerdem gibt es besondere Veranstaltungen an den Feiertagen. Auch die Kinder im Sozialzentrum tragen viel zum Wohlbefinden bei. Sie singen den Menschen etwas vor oder führen Theaterstücke auf. Im Zentrum können die Menschen auch einfach Gesellschaftsspiele spielen, Fernsehen oder Zeitung lesen. Besondern schön sind die Geburtstage. Da gibt es dann Blumen und Geschenke.

Moldovahilfe: Woher nimmst du all diese Ideen?
Ecaterina: Die kommen einfach so. Ich beschäftige mich gerne mit Philosophie und lese viel. Wenn mir dann eine Inspiration kommt, schreibe ich sie in ein kleines Buch, das ich immer dabeihabe.

April 2019